„Forschung formt die technische Infrastruktur der Zukunft“

Drei aktuelle Erhebungen schließen Lücken in Evidenz und bilden belastbare Basis für die Energiewende im Bausektor

Österreich hat sich das ambitionierte Ziel gesetzt, bis 2040 klimaneutral zu sein. Die Energiewende und die Umstellung auf erneuerbare Energie in der Raumwärme spielen hier eine entscheidende Rolle. Die Antwort des Bundesministeriums für Innovation, Mobilität und Infrastruktur heißt Forschung und Technologie.

Ein Blick zurück zeigt: Forschung und Entwicklung waren von Beginn an die treibende Kraft hinter der Energiewende. Jedem technischen Meilenstein – vom Passivhaus bis hin zum aktuellen Schwerpunkt, den klimaneutralen Quartieren, die sich zu 100% mit erneuerbarer Energie versorgen – ging Forschung und Entwicklung voraus.

„Daher investieren wir trotz der budgetär schwierigen Lage weiter in Forschung und Innovation, denn sie formt die Infrastruktur von morgen. So bleibt die Energiewende bewusst ein Schwerpunkt im FTI-Pakt“, betont Innovations- und Infrastrukturminister Peter Hanke.

Gute Infrastruktur- und Wirtschaftspolitik braucht Evidenz. Doch diese war bisher in vielen Bereichen mangelhaft. Nun werden diese Lücken ein Stück weit durch aktuelle Studien und Erhebungen des BMIMI geschlossen. Die heute veröffentlichten Berichte liefern – teils erstmals – eine umfassende Bestandsaufnahme in der österreichischen Gebäude- und Energietechnologielandschaft, zeigen konkrete Entwicklungen, verdeutlichen die Bedeutung der Schlüsseltechnologie “Green Tech” für den Wirtschafts- und Innovationsstandort Österreich und zeigen das Marktpotential von geförderten Forschungs- und Demonstrationsprojekten auf.

Drei Berichte – ein Ziel: Österreich zukunftsfit machen

  • Gebäudereport: Mit dem Gebäudereport liegt erstmals eine nationale, gesammelte Übersicht zum Gebäudebestand und dessen technischer Ausstattung vor. Dieses Wissen ist nicht nur ein statistischer Fortschritt, sondern ermöglicht auch eine Analyse in Bezug auf die Marktdurchdringung technologischer Innovation im Gebäudebereich.
  • Markterhebung Energietechnologien: Die Marktzahlen für erneuerbare Energietechnologien schaffen eine solide Grundlage über heimische Marktakteure. Die erhobenen Daten sind somit weit mehr als ein Überblick wirtschaftlicher Entwicklung, sondern zeigen in welchem Tempo sich Technologien entwickeln, wie stark ihre Marktdiffusion ist und wo gegebenenfalls noch Innovationshemmnisse bestehen.
  • Energieforschungserhebung: Die gezielte Förderung von Schlüsseltechnologien und deren Demonstration in der realen Umwelt ermöglichen die zielorientierte Programmierung von Förderungen. So zeigen sechs 100%-Erneuerbare-Energie Reallabore wie die Energiewende in der Region funktionieren kann und – gerade ausgeschriebene - „klimaneutrale Quartiere“ wie der Weg zur Klimaneutralität im urbanen Umfeld ermöglicht wird.

Energiewende vollzieht sich, Schlüsseltechnologie “Green Tech” als „wirtschaftlich schlafender Riese“

Nach wie vor ist die Raumwärme für zwei Drittel des Energieverbrauchs der österreichischen Haushalte verantwortlich, gefolgt von der Energie für das Warmwasser mit circa 15%. Doch wie die nun vorliegenden Publikationen belegen, steigt der Anteil der erneuerbaren Energie zur Bedeckung des Primärenergiebedarfs auf rund 45,9%, während der Heizwärmebedarf in den Neubauten sinkt: im Durchschnitt lag dieser bei Wohneinheiten, die in den Jahren 2022–2024 in Österreich fertiggestellt wurden, bei 29 kWh/m². Das entspricht einer Energieklasse B.

Obwohl die Erneuerung und die thermische Sanierung der Bestandsgebäude eine Herausforderung bleibt – fast jedes zweite Gebäude hat hier hohen Bedarf – zeichnet sich auch hier die Energiewende ab. Fossile Energiesysteme wie Öl und Gas werden durch umweltfreundliche Systeme wie Wärmepumpen, Fernwärme und Holzheizung (z.B. Pellets, Kessellösungen, etc.) ersetzt.

Besonders deutlich wird durch die Erhebungen aber die wirtschaftliche Komponente: Der heimische Gebäudesektor ist ein wichtiger Player für den Wirtschaftsstandort. 2024 gab es über 40.000 Unternehmen, 310.000 Beschäftigte und einen Jahresumsatz von 60 Mrd. Euro. Der Beitrag zur Bruttowertschöpfung lag bei über 5%. Wie die Berichte zeigen, spielt die Schlüsseltechnologie “Green Tech” dafür eine entscheidende Rolle: 2024 lag der Branchenumsatz der erneuerbaren Energietechnologien bei rund 11,4 Mrd. Euro. Die Beschäftigung gesamt lag bei 45.500 Vollzeitäquivalenten (VZÄ), wobei Biomasse mit 22.110 VZÄ der stärkste Sektor war, gefolgt von Photovoltaik mit 12.000 VZÄ und Windkraft 7.600 VZÄ.

„Dazu kommen hohe Zuwächse der Beschäftigung in den Branchen Photovoltaik mit +26%, Batterie- und Speichertechnologie +65% sowie bei Wärmepumpen und geothermischer Energie mit +53%. Der Ausstieg aus Öl und Gas, verbunden mit dem durchwegs hohen Sanierungs- und Modernisierungsbedarf schafft also einen wirtschaftlich schlafenden Riesen mit hohem Potenzial zur Ankurbelung der Konjunktur. Daher ist es mir wichtig auch weiterhin gezielt in ‘Green Tech' zu investieren. Vor dem Hintergrund einer Schätzung der Internationalen Energieagentur, dass rund 35 % erforderlichen Technologien, die für eine Netto-Null-Energieversorgung nötig sind, noch in der Forschungs- oder Entwicklungsphase stecken, ist das eine wichtige Investition in die Zukunft. Und bestärkt mich in meiner Überzeugung, dass es bei Klimaschutz und Wirtschaft kein entweder oder gibt, beides muss und ist machbar“, betont Hanke.
„Wir schaffen die Energiewende nur, wenn wir alle Technologien nutzen, sie weiterentwickeln und unsere zum Teil Jahrhunderte alten Systeme ablösen. So werden beispielsweise aus alten Gaslagerstätten neue Wasserstoffspeicher und aus Industrieabwärme wird Warmwasser für die Haushalte. Die FFG fördert die Entwicklung von Einzeltechnologien wie auch die Weiterentwicklung unserer Infrastruktur bis hin zu klimaneutralen Quartieren“, sagt FFG Geschäftsführerin Karin Tausz.
Gerald Beck, Geschäftsführer der Bundesimmobiliengesellschaft: „Als BIG haben wir zahlreiche Schnittmengen mit der heimischen Forschung. In unseren Universitätsgebäuden wird an den großen Aufgaben und Herausforderungen unserer Zeit geforscht – gleichzeitig sind wir bei unseren Bauprojekten auf die Ergebnisse der Forschung angewiesen. Wir profitieren von der Zusammenarbeit, wenn es darum geht, lokal vorhandene und erneuerbare Energiequellen zu nutzen oder unsere bestehenden Gebäude klimafit zu machen. Dafür und für die Dekarbonisierung unseres Gebäudebestands investieren wir in den kommenden Jahren zwei Milliarden Euro und beauftragen damit zahlreiche heimische Firmen aus der Bau- und Energiebranche.“