Bundesminister Hanke: „Brücken, Dämme, Bahntrassen: Innovatives Monitoring für zukunftsfitte Infrastruktur“  Neue Wege für nachhaltige Bauwerkserhaltung – Start für AIT-Forschungsprojekt NINA

Brücken und Tunnel, Dämme und Gleise – sie bilden das Rückgrat der Mobilität in Österreich. Ein Großteil dieser Bauwerke entstand im Bauboom der 1960er- und 1970er-Jahre und nähert sich nun dem Ende seiner rechnerischen Lebensdauer oder steht vor einem umfassenden Instandhaltungszyklus. Zudem haben sich seit ihrer Errichtung Verkehrsaufkommen, klimatische Bedingungen und Nachhaltigkeitsanforderungen deutlich verändert. 

„Um einerseits die Sicherheit und Stabilität der Bauwerke zu gewährleisten und andererseits kostspielige Neubauten zu vermeiden, setzen wir mit dem Austrian Institute of Technology (AIT) auf Innovation. Aktuell startet mit NINA ein groß angelegtes Forschungsprojekt, das durch innovative Monitoring- und Bewertungsmethoden die intelligente Verlängerung der Nutzungsdauer bestehender Bauwerke anstrebt – ohne dabei die operative Sicherheit zu beeinträchtigen“, erklärt Innovations- und Infrastrukturminister Peter Hanke.

Bei dem Projekt NINA entwickelt das AIT gemeinsam mit Partnern aus Wissenschaft und Industrie neue Verfahren zur Früherkennung von Schäden, Lebensdauerprognose und Ökobilanzierung von Spannbetonbrücken – einer besonders kritischen Bauwerksklasse. Durch den Einsatz moderner Sensortechnologien und digitaler Bewertungsmodelle kann der Zustand einer Brücke präziser denn je erfasst werden. Das hebt nicht nur die Sicherheit, sondern dient auch der Nachhaltigkeit, da weniger gebaut werden muss. 

„Jede Brücke, die wir zehn Jahre länger sicher nutzen können, spart nicht nur Geld, sondern auch tausende Tonnen CO₂. Die Brücken der Zukunft sind quasi schon gebaut – nun geht es darum, sie intelligent länger zu nutzen oder zum optimalen Zeitpunkt nachhaltige, zielgerichtete Interventionen zu setzen“, so Hanke.

Unsichtbare Risiken sichtbar machen

Als besonders wartungsintensiv gelten Spannbetonbrücken: Ihre Spannglieder liegen tief im Beton verborgen und sind korrosionsgefährdet – ein Problem, das mit herkömmlicher Inspektion kaum zu erfassen ist. Genau hier setzt NINA an. 
Das AIT erforscht gemeinsam mit der TU Wien, TU Graz und Industriepartnern neuartige faseroptische und akustische Messverfahren, die drahtbruchspezifische Signale erkennen, lange bevor sie sicherheitsrelevant werden. Kombiniert mit digitalen Zwillingen entsteht ein Echtzeitabbild der Bauwerkszustände.

Gleichzeitig werden Verkehrs- und Temperaturmodelle entwickelt, die lokale Belastungen präzise abbilden – inklusive zukünftiger Klima- und Verkehrsentwicklungen. Daraus leiten die Forscher:innen realitätsnahe Lebensdauerprognosen ab. Ergänzend analysiert das AIT in umfassenden Ökobilanzen, welche Erhaltungsmaßnahmen ökologisch am sinnvollsten sind – einschließlich der verkehrsbedingten Emissionen während der Bauzeit.

Digitale Zwillinge, Satelliten, Sensoren: Ein neues Zeitalter der Zustandsüberwachung

Das AIT arbeitet seit Jahren daran, die Grenzen klassischer Bauwerksüberwachung zu verschieben. Was einst auf lokale Messpunkte beschränkt war, wird heute durch Satellitendaten, virtuelle Sensoren und KI-gestützte Modelle ergänzt.

In den Projekten SENBRIDGE und BOOST beispielsweise wurden gemeinsam mit der ASFINAG und weiteren Partnern Methoden entwickelt, um Brückenverformungen mithilfe von ESA-Satellitendaten (Sentinel-1) großflächig und berührungslos präzise zu erfassen. Die sogenannte InSAR-Technologie (Radarinterferometrie) ermöglicht es, mit dem vom AIT entwickelten Algorithmus Bewegungen im Millimeterbereich zu detektieren – ohne einen einzigen Sensor am Bauwerk. Damit können kritische Veränderungen im Netz aus der Ferne erkannt werden, bevor sie zur Gefahr werden.
Ein ähnlicher Ansatz wird im Projekt HoSMoS verfolgt, das Satellitenüberwachung für Hochwasserschutzanlagen untersucht. Hier werden Deformationen von Erddämmen aus dem All gemessen, um frühzeitig Schwachstellen zu identifizieren.

Bahn frei für die nachhaltige Mobilität der Zukunft

Auch im Bahnbereich treibt das AIT den Wandel voran. Im COMET-Projekt Rail4Future – geleitet von der ÖBB – entstand eine digitale Simulationsplattform, die es ermöglicht, Brücken und Gleise virtuell zu bewerten und ihre Restlebensdauer präzise vorherzusagen. Grundlage sind faseroptische Messungen, KI-gestützte Analysen und datengetriebene Modelle.

Im Großversuch an der Pinkabachbrücke konnte das AIT eindrucksvoll demonstrieren, wie Distributed Fiber Optic Sensing (DFOS) Rissbildungen und Ermüdungsprozesse in Echtzeit erfasst – ein entscheidender Schritt hin zu einer intelligenten, vorausschauenden Instandhaltung. Dieser Ansatz wird im Projekt FOSSURE weiterentwickelt, in dem Glasfaserkabel direkt in die Brückenstruktur einbetoniert wurden. So lassen sich verschiedenste physikalische Größen wie Dehnung, Temperatur, Verkehrseinflüsse oder Rissentwicklungen langfristig und präzise überwachen.

Nachhaltigkeit durch Wissen statt Neubau

Brücken, die länger halten, bedeuten nicht nur mehr Sicherheit, sondern auch weniger CO₂-Emissionen. In einer durchschnittlichen Brücke stecken rund zweitausend Tonnen CO₂ – etwa so viel, wie ein Auto auf vierhundert Weltumrundungen verursacht.

Die AIT-Forscher:innen sehen darin einen zentralen Hebel für die Klimawende im Infrastrukturbereich. Ihre Vision: Eine datenbasierte Erhaltungsstrategie, die den optimalen Zeitpunkt für Sanierungen bestimmt, Materialien mit geringem Fußabdruck einsetzt und Neubauten vermeidet oder zumindest stark verzögert, wo immer es möglich ist.

Forschung, die Brücken schlägt

Mit Projekten wie NINA, SENBRIDGE, BOOST, HoSMoS, FOSSURE und Rail4Future treibt das Austrian Institute of Technology (AIT) eine grundlegende Transformation voran: von der reaktiven Instandsetzung zur präventiven, datenbasierten Bauwerkserhaltung.

Ziel ist eine Infrastruktur, die resilient, ressourcenschonend und digital vernetzt ist – und so einen entscheidenden Beitrag zur nachhaltigen Mobilität der Zukunft leistet.

„Forschung in diesem Bereich ist von zentraler Bedeutung, um die Lebensdauer unserer Infrastruktur zu verlängern“, betont Univ.-Prof. Andreas Kugi, Scientific Director des AIT. „Mit innovativen Mess- und Analysemethoden schaffen wir die Grundlage für gezielte, ressourcenschonende Instandhaltungsmaßnahmen und leisten damit einen wesentlichen Beitrag zu Sicherheit, Effizienz und Nachhaltigkeit.“