Hattmannsdorfer/Hanke/Schellhorn: Industriestrategie startet mit Beteiligungsphase Gipfel mit Sozialpartnern, Plattform 4.0 als Prozessbegleiter beauftragt
Während zahlreiche führende Industrienationen – darunter Deutschland, die USA, China und seit Kurzem auch das Vereinigte Königreich – bereits über eine langfristige Strategie für ihren Industriestandort verfügen, hat Österreich bis dato keine derartige langfristige Industriestrategie. Gerade in Zeiten globaler Umbrüche braucht es eine grundlegende industriepolitische Ausrichtung. Bei der Erarbeitung der Industriestrategie hat die Bundesregierung genau das im Blick: strategische Leitlinien für die österreichische Standortpolitik, die den Unternehmen damit Planungssicherheit gibt und den Boden für einen wettbewerbsfähigen, innovativen und resilienten Industriestandort 2035 bereitet.
„Ich bekenne mich zu einem starken und wettbewerbsfähigen Industriestandort Österreich. Unsere Industrie ist ein Garant für Arbeitsplätze und Innovation, sichert unseren Wohlstand und finanziert unseren Sozialstaat. Es braucht einen umfassenden Maßnahmenplan zur Steigerung unserer Wettbewerbsfähigkeit, angefangen bei den Energiekosten bis hin zur Entbürokratisierung. Darüber hinaus braucht es eine klare Fokussierung auf zentrale Schlüsseltechnologien in der Forschung, um bestehende Stärkefelder weiter auszubauen. Als Exportnation ist klar: unsere Unternehmen müssen sich auf den internationalen Märkten behaupten können. In diesen Prozess werden unseren Standort- und Förderagenturen, Expertinnen und Experten, den Unternehmerinnen und Unternehmern bis hin zu den Sozialpartnern und der Industriellenvereinigung eingebunden,“ so Bundesminister Wolfgang Hattmannsdorfer.
„Die aktuellen Konjunkturprognosen machen Hoffnung. Für uns als Bundesregierung ergibt sich daraus der klare Handlungsauftrag, alles zu unternehmen, um die sich abzeichnende Trendumkehr nachhaltig zu stärken. Wir haben bereits festgelegt, wie wir die Industriestrategie erarbeiten wollen. Heute werden wir diesen Fahrplan mit den Präsident:innen der Sozialpartner besprechen. Da geht aber nicht nur um das ‚Wie‘, sondern schon stark um das ‚Was‘, also konkrete Inhalte. Für meinen Verantwortungsbereich wesentlich ist der effiziente Einsatz von Mitteln im Bereich Forschung und Innovation. Mein Fokus wird auf der gezielten Förderung jener Schlüsseltechnologien legen, die die größten Potenziale für den Standort haben. Daneben setze ich bewusst Konjunktur-Stimuli im Bereich der Verkehrsinfrastruktur und arbeite an der Weiterentwicklung unserer Systeme, mit dem Ziel die Innovationskraft der heimischen Wirtschaft voranzutreiben, etwa im Bereich des Patentrechts,“ so Bundesminister Peter Hanke.
„Diese Bundesregierung hat es sich zum Ziel gemacht, Österreich nicht nur zu sanieren, sondern auch zu reformieren und modernisieren - für die Leute, für den Wirtschaftsaufschwung, für unternehmerische Freiheit, für eine bessere Zukunft für jede und jeden! Die Industrie und ihre kleinen und mittleren Zulieferbetriebe sind das Rückgrat unseres Wohlstands. Deshalb müssen wir gerade dort den Entlastungsturbo zünden, wo es möglich ist: bei überbordender Bürokratie für die Betriebe, bei der Digitalisierung der Verwaltung, bei den Berichtspflichten. Es geht um Wertschöpfung, es geht um Arbeitsplätze, es geht um unser aller Wohlstand,“ so Staatssekretär Sepp Schellhorn.
„Es ist sehr gut, dass die Bundesregierung die dringend benötigte Industriestrategie gemeinsam mit den Sozialpartnern plant, denn den Strukturwandel können wir nur gemeinsam gestalten. Wir haben schon viel erreicht und müssen auch künftig in zukunftsfähige Sektoren investieren, um die wirtschaftliche Zukunft Österreichs – und damit die Zukunft der Beschäftigten, zu sichern. Wir haben in Österreich drei große Stärken, auf denen wir aufbauen können: unsere Industrie, unseren Sozialstaat und unsere Beschäftigten. Wichtig ist, dass wir den Strukturwandel nicht einfach passieren lassen, sondern jetzt Ziele definieren und aus dem Strukturwandel einen Strukturplan machen. Die Arbeiterkammer wird die Beschäftigten ins Zentrum der Gespräche rücken, denn ohne die nötigen Maßnahmen für ausreichend Fachkräfte wird der beste Plan nicht aufgehen. Qualifizierung, Aus- und Weiterbildung und Lehrlingsausbildung müssen integrale Bestandteile der Industriestrategie sein“, so Renate Anderl, Präsidentin der Bundesarbeitskammer.
„Die österreichische Industrie ist das wirtschaftliche Rückgrat unseres Landes – sie sorgt für Beschäftigung, Innovation und Wertschöpfung in allen Regionen. Doch steigende Kosten, Energiepreise und Bürokratie setzen unsere Betriebe massiv unter Druck. Wenn wir unsere Wettbewerbsfähigkeit sichern wollen, brauchen wir klare industriepolitische Prioritäten und eine Politik, die Investitionen möglich macht. Die neue Industriestrategie muss der Startschuss für eine echte Rückkehr zu Wachstum und Zuversicht sein“, so Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung.
Industriepolitik war in den vergangenen Jahren ein Stiefkind der Politik, deswegen fordern wir seit langem eine Industriestrategie, unsere Expert:innen arbeiten engagiert und motiviert mit. Der österreichische Industriesektor ist ein wichtiger Motor für Wohlstand und Innovation. Daher müssen industrielle Fertigung und hochwertige Produktionsarbeitsplätze in Europa gesichert und ausgebaut werden. Wir brauchen ein gut durchdachtes Konzept, das Innovation und Wachstum fördert und der Industrie Planungssicherheit gibt, weil das Arbeitsplätze sichert. Essenziell sind leistbare Energie und zukunftsfähige Infrastrukturen. Auch die Rohstoffstrategie und Kreislaufwirtschaft müssen gestärkt werden. Für den Industriestandort ist es wesentlich, dass die Abhängigkeit von unsicheren Handelspartnern reduziert und ein stärkerer Fokus auf den europäische Binnenmarkt gelegt wird
Ein wichtiger österreichischer Standortfaktor ist auch die soziale Sicherheit: Gute Arbeitsplätze, hochwertige Aus- und Weiterbildung sowie Fachkräfte. Die Gewerkschaften werden sehr genau darauf achten, dass nicht nur die Interessen der Industrie bzw der Wirtschaftsseite berücksichtigt werden, sondern auch die der Beschäftigten“, so Wolfgang Katzian, ÖGB-Präsident.
„Österreich hat eine starke industrielle Basis und damit Betriebe, die unseren Wohlstand sichern. Wenn wir wollen, dass es auch 2035 ein wettbewerbsfähiges Industrieland ist, müssen wir heute die richtigen Weichen stellen, mit weniger Bürokratie, leistbarer Energie, mehr Flexibilität und einer aktiven Standortpolitik. Die Sozialpartner bringen sich dabei konstruktiv ein, um Österreichs industrielle Stärke langfristig zu sichern“, so Harald Mahrer, Präsident der Wirtschaftskammer Österreich.
Konzeptionsphase abgeschlossen: Einigung auf Zielbild
Unter Einbindung der Sozialpartner hat sich die Bundesregierung auf ein gemeinsames Zielbild verständigt: Wie soll der Industriestandort Österreich im Jahr 2035 aussehen? Am Beginn jedes erfolgreichen Strategieprozesses steht ein klares volkswirtschaftliches Lagebild. Dieses wurde bereits in Vorarbeiten von Expertinnen und Experten des IHS und des WIFO erarbeitet und attestiert Österreichs Wirtschaft eine generell schwache Entwicklung in der Breite der Industriebranchen. Aufbauend auf diesem Lagebild und einem industriepolitischen Papier der Sozialpartner wurden in den letzten Wochen gemeinsame Zielsetzungen erarbeitet. Diese sind die Grundlage für die weitere Erarbeitung der Strategie. Daraus leiten sich nicht nur der Prozess selbst, sondern auch die Einbindung relevanter Akteurinnen und Akteure sowie zentrale Kennzahlen (KPIs) zur Erfolgsmessung ab.
Fünf zentrale Zielsetzungen
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Standortsicherung: Österreich als wohlhabendes Land mit starker industrieller Basis, guten Arbeitsplätzen und qualifizierten, leistungsstarken Mitarbeitenden
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Wettbewerbsfähigkeit: Österreichs Industriebetriebe als erfolgreiche Akteure am Weltmarkt durch Produktivität, Qualität und Spezialisierung
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Innovationskraft: Österreichs Industrie als investitionsbereite, innovative und zukunftsorientierte Branche
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Nachhaltige und zirkuläre Produktion: Österreichs Industrie als Pioniere der ökologischen und digitalen Transformation
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Resilienz: Österreichs Industriebetriebe als handlungsfähige und resiliente Akteure mit Beiträgen zur nationalen & europäischen Souveränität.
Die Umsetzung und der Erfolg der Industriestrategie sollen anhand konkreter Kennzahlen (KPIs) messbar gemacht werden. Diese orientieren sich an den fünf zentralen Zielsetzungen der Strategie. Aktuell werden die KPIs unter Einbindung wissenschaftlicher Expertinnen und Experten – etwa von IHS & WIFO – fundiert erarbeitet und abgestimmt.
Weiterer Fahrplan der Industriestrategie 2035 – Beteiligungsprozess
Phase 1: Start des Beteiligungsprozesses & Erarbeitung eines ersten Strategieentwurfs
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SWOT Metastudie zum Industriestandort Österreich, Analyse entscheidender Faktoren für erfolgreiche Betriebsansiedlungen und -erweiterungen mit der ABA und den Standortagenturen der Länder
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Sammlung von Inputs im Rahmen von Sounding Boards
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Offene Beteiligung: Interessierte können über eine zentrale E-Mail-Adresse (industriestrategie@plattformindustrie40.at) Ideen und Vorschläge für die Industriestrategie einbringen
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Festlegung zentraler Handlungsfelder (zum Beispiel Energie, Forschung und Innovation, Infrastruktur, Entbürokratisierung und Internationalisierung)
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Darauf aufbauen Entwicklung eines ersten Strategieentwurfs.
Phase 2: Feedback und detaillierte Ausarbeitung
Die konkreten Handlungsfelder werden in fachlichen Experten-Workshops mit Unternehmerinnen und Unternehmern, den Sozialpartnern sowie der Industriellenvereinigung im Detail diskutiert, Inhalte werden geschärft und Maßnahmen unter anderem im Zuge eines Schlüsseltechnologie/Branchen-Summits priorisiert.
Phase 3: Verdichtung und Formulierung der Leitlinien
Nach Abstimmung mit allen Beteiligten werden die Ergebnisse verdichtet und Industrie-Politische Leitlinien formuliert.
Breite Einbindung sichert Praxisnähe
Sounding Boards bestehend aus Vertreterinnen und Vertreter der Sozialpartner, der Industriellenvereinigung, Unternehmerinnen und Unternehmer, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie der Standort- und Förderagenturen (ABA, aws, AIT, CDG und FFG) werden aktiv als Inputgeber eingebunden.
Plattform Industrie 4.0 begleitet den Prozess
Die Plattform Industrie 4.0 wurde von der Bundesregierung mit der Koordination und Prozessbegleitung zur Entwicklung der Industriestrategie 2035 beauftragt. Als etablierte Schnittstelle zwischen Industrie, Sozialpartnern, Wissenschaft und Politik organisiert sie den Austausch, strukturiert die Rückmeldungen und begleitet den gesamten Entwicklungsprozess bis zur Fertigstellung der Strategie. Die Plattform wurde 2015 vom damaligen Infrastrukturministerium gemeinsam mit den Sozialpartnern gegründet und gilt heute als zentrale Kompetenzstelle für Digitalisierung und industrielle Transformation in Österreich.